Vor knapp fünf Monaten haben der Kalifornier Jordan Burris und Eividas Molosciakas aus Litauen beim BBC COBURG angeheuert und sich in der Folge schnell zu absoluten Leistungsträgern des derzeitigen Tabellenführers entwickelt. Ihr Zwischenfazit zur Winterpause fällt ausgesprochen positiv aus.
Beinahe die Hälfte der Saison ist gespielt, ein guter Zeitpunkt für eine erste Bestandsaufnahme. Wie bewertet ihr euren Aufenthalt in Deutschland bis dato?
Jordan Burris: Die Monate sind wie im Fluge vergangen. Die ersten Eindrücke von Deutschland auf der Herfahrt aus Frankfurt, die erste Coburger Rostbratwurst, das erste Lauftraining – es kommt mir vor, als wäre das alles gestern gewesen. Das ist sicherlich ein gutes Zeichen.
Eividas Molosciakas: Ich habe es noch keine Sekunde lang bereut, mich dafür entschieden zu haben, nach Oberfranken zu kommen. Ich liebe Coburg und Deutschland im Allgemeinen und könnte mir durchaus vorstellen, länger hier zu bleiben. Insbesondere da meine Freundin Deutsch studiert und Verwandtschaft in Wiesbaden hat, also ein enger Bezug zu Deutschland besteht.
Coburg ist keine Großstadt. Ist das ein Vor- oder ein Nachteil eurer Meinung nach?
Molosciakas: Definitiv ein Vorteil. Früher war ich ein großer Fan von Metropolen mit Skylines nach US-amerikanischem Vorbild, aber das hat sich grundlegend geändert. Coburg hat mir sozusagen die Augen geöffnet. Historische Gebäude wie in der Altstadt sind einfach viel schöner als langweilige Wolkenkratzer. Außerdem mag ich, dass alles leicht zu Fuß zu erreichen ist und die Stadt ruhig und übersichtlich daherkommt.
Burris: Ich stamme aus der Umgebung von Los Angeles und bin an große Städte gewöhnt. Allein der Verkehr dort geht mir unglaublich auf die Nerven. Wenn ich zwei Stunden brauche um fünf Kilometer Luftlinie zurückzulegen, macht mich das wahnsinnig. In Coburg habe ich die Fußgängerzone unmittelbar vor der Haustür, das ist in den Staaten undenkbar.
Die Sprache des Basketballs ist weltweit die gleiche, deshalb dürfte die Eingewöhnung auf dem Feld nicht lange gedauert haben. Wie ist es aber mit dem Leben abseits des Parketts?
Burris: Ich finde es extrem hilfreich, dass in Deutschland fast jeder Englisch spricht. Das hatte ich so nicht erwartet und macht das Leben natürlich deutlich einfacher. Außerdem haben die Teamkollegen und vor allem meine Mitbewohner in unserer BBC-WG, Daniel Stawowski und Sasa Gligorovic, sich von Anfang an sehr um unsere Integration bemüht. „Stawi“ kennt sich bestens aus in Coburg und Sasa bekocht uns hervorragend – ohne ihn wäre ich entweder deutlich schlechter ernährt oder übergewichtig, weil ich zu viel Fastfood konsumieren würde.
Molosciakas: Dass jeder Englisch spricht, hält einen aber auch ein bisschen davon ab, Deutsch zu lernen. Ich habe für mich damit angefangen, meine Freundin hilft mir dabei. Die Mannschaftskameraden dagegen haben mir bisher hauptsächlich Schimpfwörter beigebracht. Aber im neuen Jahr werde ich das Thema noch einmal verstärkt angehen.
Burris: Es ist mir ein wenig unangenehm, jetzt nach Hause zu kommen, ohne halbwegs vernünftig Deutsch zu sprechen. Jeder wird erwarten, dass ich am Fließband ganze Sätze produziere, aber außer „danke“, „auf geht’s“ und „basst scho“ habe ich nicht allzu viel aufgeschnappt. Das muss sich in der zweiten Saisonhälfte unbedingt ändern!
Wie schätzt ihr das Niveau der 1. Regionalliga ein im Vergleich zum Level, auf dem ihr bereits gespielt habt?
Molosciakas: Ich habe in der ersten und zweiten Liga in Litauen gespielt und die Teams bestanden fast ausschließlich aus Berufsspielern. Wenn wir mit dem BBC unter Profibedingungen trainieren könnten und die Mehrzahl unserer Spieler nicht noch anderen Tätigkeiten nachgehen würde, könnten wir einigen Mannschaften in diesen Ligen sehr gefährlich werden.
Burris: Das Niveau ist jedenfalls deutlich besser, als wir am Anfang geglaubt haben, deshalb ging das erste Heimspiel gegen Bad Aibling verloren. Diese Niederlage war in der Rückschau ein Segen, denn sie hat uns alle zurück auf den Boden der Tatsachen geholt. Seitdem treten wir ganz anders auf, viel dominanter und konsequenter. Das tut auch Not, denn die Liga ist sehr ausgeglichen.
Momentan führt der BBC die Tabelle als Aufsteiger an, die Konkurrenz bleibt aber in Reichweite. Ist der Titel realistisch?
Molosciakas: Das kommt darauf an, ob wir weiterhin als Kollektiv agieren oder ob jeder irgendwann versucht, es auf eigene Faust zu regeln. Wir sind meiner Ansicht nach das talentierteste Team in der Liga, aber davon kann man sich am Ende nichts kaufen. Wenn wir in der Offensive den Ball gut bewegen und in der Verteidigung gemeinsam intensiv zur Sache gehen, wird es jedenfalls nicht leicht, uns den Platz an der Sonne wieder abzuluchsen. Es bringt aber nichts, jetzt vom Titelgewinn zu reden und am Ende werden wir Fünfter. Wir haben noch eine Menge Arbeit vor uns.
Burris: Ende Januar werden wir sicherlich schon mehr wissen. Die Spiele in Treuchtlingen und Bad Aibling haben wegweisenden Charakter und wir werden entsprechend vorbereitet sein. Zuletzt waren wir souverän und konnten auch Ausfälle gut wegstecken, aber wir müssen im neuen Jahr gleich wieder hellwach sein.
Könnt ihr euch einen Verbleib in Coburg über das Saisonende hinaus vorstellen?
Burris: Trainer und Management sind frühzeitig an mich herangetreten und hat mir kommuniziert, dass man sich eine Vertragsverlängerung gut vorstellen könnte. Das hat mich extrem gefreut, denn es zeigt eine gewisse Wertschätzung füreinander. Ich möchte zunächst den Job zu Ende bringen und diese Saison erfolgreich abschließen, aber abgeneigt bin ich keineswegs, weil ich mich in Coburg sehr wohl fühle.
Molosciakas: Wir haben diese Thematik auch bereits kurz angerissen und von beiden Seiten besteht definitiv Interesse. Momentan konzentrieren sich aber alle auf die anstehenden Partien, denn wir müssen zunächst einmal unsere Hausaufgaben erledigen, dann können wir die Zukunft planen.
Bisher ist das beiden Akteuren exzellent gelungen: Der vielseitige Forward Burris zählt mit 22,5 Punkten, 9,3 Rebounds, fast drei Assists und über zwei Ballgewinnen pro Begegnung zu den Topspielern der Liga. Zudem weist der US-Boy Fabelquoten von 63 Prozent aus dem Zweipunktbereich und fast 43 Prozent von der Dreierlinie auf. Point Guard Molosciakas ist der unumstrittene Kopf der Vestestädter. Er kommt auf zehn Zähler pro Partie, verteidigt exzellent, verteilt zudem starke fünf direkte Korbvorlagen im Schnitt und behält auch in heiklen Situationen immer Überblick und Ruhe.
Die nächsten Aufgaben für den BBC COBURG haben es in sich: Am Donnerstag, den 5.1.2017, um 20 Uhr wird das im Vorjahr ausgefallene Topspiel beim Tabellendritten VfL Treuchtlingen nachgeholt und am Sonntag, den 8.1.2017, erwarten die Coburger um 16 Uhr den SB DJK Rosenheim in der HUK-COBURG arena.
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